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Demokratie zum Mitspielen!? (2) | Metropolar
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Dieser Eintrag wurde am 10 Apr. 2012 erstellt und ist aufgeführt unter Aktuell.

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Demokratie zum Mitspielen!? (2)

Arbeitsgruppe 9: Schema der im System wirksamen Faktoren

BEITRAGSERIE: Pots­dam und das Werk­statt­ver­fah­ren zur Schwimmbadversorgung

Teil 2: Das Werk­statt­ver­fah­ren – hoff­nungs­vol­ler Start,
unschö­nes Ende

Als eine Art Flucht nach vorn und Signal der Ver­söhn­lich­keit in Rich­tung ihrer Kri­ti­ker initi­ierte die Stadt­ver­wal­tung das »Werk­statt­ver­fah­ren zur Siche­rung der Schwimm­bad­ver­sor­gung in Pots­dam«. Meh­rere Pres­se­mit­tei­lun­gen aus dem Büro des Ober­bür­ger­meis­ters vom Novem­ber und Dezem­ber 2011 beschrie­ben die Zielsetzung:

»Thema der Werk­statt soll neben der Frage der Inves­ti­ti­ons– und der Betriebs­kos­ten aber (vor allem, A.d.R.) die Aus­ge­stal­tung des Bäder-Standorts Pots­dam sein. Wel­chen Anspruch sol­len die Bäder erfül­len? … Wel­che qua­li­ta­ti­ven Stan­dards erwar­ten die Pots­da­me­rin­nen und Pots­da­mer von den zukünf­ti­gen Bad­an­ge­bo­ten in ihrer Lan­des­haupt­stadt? Nach Ansicht von Ober­bür­ger­meis­ter Jakobs soll das im Mit­tel­punkt des Werk­statt­ver­fah­rens ste­hen, damit den Bür­gern eine qua­li­fi­zierte Befra­gung vor­ge­legt wer­den kann.« Der Ver­gleich der drei von der Stadt erar­bei­te­ten Vari­an­ten sollte »Grund­lage für das ange­kün­digte ergeb­nis­of­fene Werk­statt­ver­fah­ren zur Schwimm­bad­ver­sor­gung ab Januar sowie der anschlie­ßen­den Bür­ger­be­fra­gung im März 2012 sein.« Spä­ter hieß es wei­ter: »Die anste­hen­den Ent­schei­dun­gen über die Zukunft der Pots­da­mer Schwimm­bad­ver­sor­gung sol­len in einem trans­pa­ren­ten und ergeb­nis­of­fen ange­leg­ten Ver­fah­ren vor­be­rei­tet werden«.

Für das gesamte Werk­statt­ver­fah­ren und die Bür­ger­be­fra­gung war ein Bud­get von 190.000 € vor­ge­se­hen, das je zur Hälfte die Stadt und die Stadt­werke auf­brin­gen. Mit der Durch­füh­rung und Mode­ra­tion wurde das Malik Manage­ment Zen­trum aus dem schwei­ze­ri­schen St. Gal­len beauf­tragt. Das für das Ver­fah­ren vor­ge­se­hene Sen­si­ti­vi­täts­mo­dell nach Prof. Fre­de­ric Ves­ter wurde aus­ge­wählt, »da es eine ergeb­nis­of­fene Ent­schei­dungs­fin­dung auf der Suche nach der Opti­mal­va­ri­ante garan­tiert.« Grob umris­sen soll das Modell dabei hel­fen, kom­plexe Pro­blem­stel­lun­gen zu erfas­sen, zu ana­ly­sie­ren und damit Wege zu einer ange­mes­se­nen Lösung zu erar­bei­ten. Dabei ist es wich­tig, »das Sys­tem, in dem das Pro­blem auf­tritt, zu unter­su­chen und nicht nur das Pro­blem selbst« (Prof. Fre­de­ric Ves­ter). Um von Anfang an dem Ver­dacht von Intrans­pa­renz und Mani­pu­la­tion vor­zu­beu­gen, hatte die Stadt­ver­wal­tung zu allen Ver­an­stal­tun­gen zwei unab­hän­gige Beob­ach­ter des Kom­mu­nal­wis­sen­schaft­li­chen Insti­tuts der Uni­ver­si­tät Pots­dam eingeladen.

Wie all die­sen Ankün­di­gun­gen und wei­te­ren Stel­lung­nah­men in der Presse zu ent­neh­men war, wurde viel Wert auf die For­mel »trans­pa­rent, ergeb­nis­of­fen und objek­tiv« gelegt. Wer in der Ver­gan­gen­heit die poli­ti­schen Dis­kurse nicht allzu inten­siv ver­folgt hatte, konnte also mit Hoff­nung und Elan in die­ses für Pots­dam neue Expe­ri­ment ein­stei­gen. Dass keine Gele­gen­heit aus­ge­las­sen wurde, die drei stadt­ei­ge­nen Vari­an­ten sowie die Vor­züge der einen und die Nach­teile der ande­ren zu benen­nen, störte vor­erst nur die all­zeit miss­traui­schen Dauerkritiker.

Zur Auf­takt­ver­an­stal­tung am 13. Januar war der Hör­saal der Fach­hoch­schule am Alten Markt völ­lig über­füllt. Neben den ange­mel­de­ten Bür­gern waren außer­dem diverse Bür­ger­in­itia­ti­ven, meh­rere Exper­ten aus dem Bereich Schwimm­bad­pla­nung sowie Ver­tre­ter der Stadt­ver­wal­tung, der Stadt­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung und der Bäder­be­triebe erschie­nen. Natur­ge­mäß kannte nicht jeder jeden. Um trotz­dem einen Ein­druck vom Hin­ter­grund der Anwe­sen­den zu bekom­men, wurde auf Wunsch aus dem Ple­num per Hand­zei­chen signa­li­siert, wer als »nor­ma­ler« Bür­ger und wer als »par­tei­li­che« Per­son aus dem städtischen/politischen Umfeld teil­neh­men würde. Gerade poli­ti­schen Neu­lin­gen erleich­terte das die Ein­schät­zung und Gewich­tung der ein­zel­nen Wortmeldungen.

 

Gleich nach dem Start begann der Sinkflug

Mit dem Fort­schrei­ten des Werk­statt­ver­fah­rens wan­delte sich der anfäng­li­che Elan vie­ler nor­ma­ler Teil­neh­mer mehr und mehr in Skep­sis. Es würde den Rah­men spren­gen, hier alle Ereig­nisse dar­zu­stel­len, die zu die­sem Unbe­ha­gen führ­ten. Des­halb an die­ser Stelle nur eine Zusammenfassung:

Wegen der (uner­war­tet!) hohen Teil­neh­mer­zahl, des gro­ßen Dis­kus­si­ons­be­darfs und der immer wie­der auf­flam­men­den, eher auf die all­ge­meine Stadt­po­li­tik bezo­ge­nen Wort­ge­fechte zwi­schen ein­zel­nen Grup­pen konnte kei­ner der wesent­li­chen Arbeits­schritte aus­rei­chend bear­bei­tet und abge­schlos­sen wer­den. Für die metho­di­sche Anschau­lich­keit musste des­halb wie­der­holt auf Teil­er­geb­nisse ein­zel­ner der ins­ge­samt zehn Arbeits­grup­pen zurück­ge­grif­fen wer­den. Das Zusam­men­füh­ren und Auf­be­rei­ten der (unvoll­stän­di­gen) Resul­tate aller Grup­pen war dem Team von Malik Manage­ment über­las­sen. In jedem nächs­ten Arbeits­schritt wurde das so gewon­nene Daten­ma­te­rial mit gro­ßer Selbst­ver­ständ­lich­keit als Kon­sens­er­geb­nisse aus den vor­an­ge­gan­ge­nen Ter­mi­nen prä­sen­tiert und dann mit die­sem wei­ter­ge­ar­bei­tet. Von Ter­min zu Ter­min ver­grö­ßer­ten sich so die Irri­ta­tio­nen und Enttäuschungen.

Damit war auch der ste­tige Schwund an Teil­neh­mern nicht wei­ter ver­wun­der­lich. Kamen zur Eröff­nungs­ver­an­stal­tung noch knapp 300 Bür­ger, redu­zierte sich die Zahl mit Beginn der Grup­pen­ar­beit auf ca. 90. Viele waren nur aus Neu­gier gekom­men oder um ihrem Ärger Luft zu machen und hat­ten wenig Inter­esse an der müh­se­li­gen Detail­dis­kus­sion. In den fol­gen­den Ver­an­stal­tun­gen wurde dann der Rück­gang der Teil­neh­mer­zahl nach und nach so groß, dass man zeit­wei­lig einige der Grup­pen zusam­men­legte, um noch arbeits­fä­hig zu sein. 50–60 Per­so­nen betei­lig­ten sich an den abschlie­ßen­den Werk­statt­sit­zun­gen. Dabei ist bemer­kens­wert, dass offen­bar Mit­ar­bei­ter etwa der Stadt­werke ihre Teil­nahme als bezahlte Arbeit­stun­den abrech­nen durf­ten. Nor­male Bür­ger konn­ten dage­gen allen­falls ihre eigene knappe Frei­zeit opfern. Das Miss­ver­hält­nis zwi­schen »par­tei­li­chen« und »nor­ma­len« Teil­neh­mern nahm ste­tig zu.

 

Ein Ende ohne Punktlandung

Der zeit­li­che Druck (es muss­ten inzwi­schen bereits zwei Zusatz­ter­mine ange­setzt wer­den) führte zu einem sich beschleu­ni­gen­den Arbeits­pro­zess. Die sehr detail­liert aus­ge­ar­bei­te­ten Zwi­schen­er­geb­nisse wur­den wenig nach­voll­zieh­bar immer mehr redu­ziert und zusam­men­ge­fasst. Kri­ti­sche Anmer­kun­gen zu Inhalt und Methode wur­den zuneh­mend durch laut­starke Unmuts­be­kun­dun­gen aus dem Ple­num tor­pe­diert. Die Mode­ra­to­rin­nen waren zu kei­ner Zeit in der Lage oder erkenn­bar Wil­lens, eine neu­trale Posi­tion ein­zu­neh­men. Die Ein­füh­rung einer respekt­vol­len Gesprächs­kul­tur oder die aus­ge­wo­gene Steue­rung des Dis­kus­si­ons­pro­zes­ses fan­den nicht statt. Und so erreich­ten die Aus­ein­an­der­set­zun­gen am Ende gele­gent­lich den Punkt per­sön­li­cher Angriffe durch alle Seiten.

Im Ver­lauf des Ver­fah­rens wur­den zehn Schwimm­bad­va­ri­an­ten vor­ge­stellt (von den Stadt­wer­ken, der BI Pro-Brauhausberg und der BI Bür­ger­fo­rum Pots­dam Nord) und, soweit mög­lich, durch­ge­rech­net. Elf als beson­ders wirk­sam erkannte »Kern­kri­te­rien« soll­ten eine genauere Bewer­tung die­ser Vari­an­ten erlau­ben. In der Folge redu­zierte sich deren Anzahl bald auf sechs und schließ­lich auf vier. Neben Kri­te­rien wie Erreich­bar­keit, Ange­bots­breite oder Bau­kul­tur spiel­ten auch die Wirt­schaft­lich­keit und der Bedarf an städ­ti­schen Zuschüs­sen eine Rolle. Die bei­den letz­te­ren konn­ten jedoch nie von den Werk­statt­teil­neh­mern bewer­tet wer­den, weil die not­wen­di­gen Berech­nun­gen noch aus­stan­den. Des­halb über­nah­men diese Auf­gabe Malik Manage­ment und die Ver­fas­ser der Vari­an­ten in Eigen­re­gie. Wie es der Zufall wollte, beka­men die der Stadt­ver­wal­tung offen­kun­dig beson­ders am Her­zen lie­gen­den Kri­te­rien dabei zuse­hends mehr Gewicht. Im Ple­num wurde des­halb mehr­fach zum Aus­druck gebracht, dass eine Bevor­zu­gung ein­zel­ner Bewer­tungs­kri­te­rien aktu­ell und in der anste­hen­den Bür­ger­be­fra­gung nicht akzep­ta­bel sei, weil damit das ganze Ver­fah­ren ent­wer­ten würde. Die Ver­tre­ter der Stadt­ver­wal­tung nah­men diese Argu­men­ta­tion vor­erst mit betre­te­nem Schwei­gen zur Kenntnis.

Zwi­schen­fa­zit: Wäh­rend der Ober­bür­ger­meis­ter zum Abschluss sal­bungs­volle Dan­kes­worte fand und sei­nen Opti­mis­mus auf die noch anste­hende Erar­bei­tung des Fra­ge­bo­gens für die Bür­ger­be­fra­gung lenkte, sahen die meis­ten nor­ma­len Teil­neh­mer das Ver­fah­ren bereits zu die­sem Zeit­punkt als geschei­tert an. Statt eines Ver­söh­nungs­pro­zes­ses hatte man am Ende eher das Gegen­teil erreicht. Das Miss­trauen gegen­über einer offe­nen, unvor­ein­ge­nom­me­nen Poli­tik wurde viel­mehr bestä­tigt und wei­ter vertieft.

von Gun­nar Tessin

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Teil 3: Der Fra­ge­bo­gen und sein erwart­ba­res Ergebnis

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